Der Data Act regelt Zugangs-, Nutzungs- und Weitergaberechte - sowohl für B2C als auch für B2B. Zudem verpflichtet er Cloud-Anbieter, den Wechsel für Kunden zu erleichtern. Durch seine exterritoriale Wirkung kann der Data Act auch Schweizer Unternehmen betreffen.
Der Data Act hat weitreichende Wirkung auf alle Akteure der digitalen Wirtschöpfungskette. Er betrifft Unternehmen, Nutzer, Datenverarbeiter und den öffentlichen Sektor. Im Einzelnen:
Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) profitieren von Erleichterungen gemäss Artikel 2 der Empfehlung 2003/361/EG. Sie müssen in bestimmten Fällen keine Daten an Verbraucher oder Unternehmen weitergeben (vgl. Art. 7 Data Act).
Der Data Act gilt für alle vernetzten Produkte, die Nutzungs- oder Umgebungsdaten erfassen und übermitteln können. Ein «vernetztes Produkt» sammelt oder erzeugt Daten und gibt diese weiter über physische Verbindungen, elektronische Kommunikation oder interne Zugänge (z.B. Smart-Home-Geräte, Autos, vernetzte Maschinen).
Ausgenommen sind IT-Infrastrukturen, deren Hauptaufgabe die Datenverarbeitung, Speicherung oder Übertragung im Auftrag Dritter ist, wie Server oder Cloud-Infrastrukturen.
Verbundene Dienste sind digitale Angebote, die so eng mit einem vernetzten Produkt verknüpft sind, dass dieses ohne den Dienst bestimmte Funktionen nicht ausführen kann. Beispiele sind Apps, die für das Produkt essenziell sind.
Vom Data Act umfasst sind auch Dienste, die erst nach dem Erwerb eines Produkts hinzugefügt werden. Solche Dienste können beim Kauf, Mieten oder Leasen enthalten sein. Alternativ können sie später durch den Hersteller oder Dritte ergänzt werden, mit dem Ziel, die Funktion des Produkts zu erweitern, anzupassen oder zu aktualisieren.
Der Data Act umfasst Daten, die bei der Nutzung eines vernetzten Produkts oder verbundenen Dienstes generiert werden. Darunter fallen sowohl personenbezogene Daten, als auch blosse Maschinendaten.
Der Data Act betrifft nicht nur direkte Nutzungsdaten, sondern auch indirekt generierte Daten. Dazu gehören Daten über die Umgebung oder Interaktionen des Produkts.
Die Zugangsansprüche des Data Act beschränken sich jedoch auf «Rohdaten». Dazu zählen allerdings auch aufbereitete Daten, die notwendig sind, um diese zu verstehen, wie physikalische Grössen (z.B. Temperatur, Öldruck, Geschwindigkeit, Position). Aus Rohdaten abgeleitete Daten, die erheblichen Aufwand und Investitionen erfordern (z.B. solche, die durch den Einsatz proprietärer und komplexer Algorithmen generiert werden) sind ausgeschlossen. Der Dateninhaber soll nicht verpflichtet werden, erhebliche Investitionen in diese Prozesse zu tätigen.
Ein Autofahrer nutzt ein modernes, vernetztes Fahrzeug. Während der Nutzung werden verschiedene Arten von Daten generiert:
Das Fahrzeug erfasst und speichert diese Daten kontinuierlich. Gemäss dem Data Act hat der Autofahrer das Recht, auf diese Daten zuzugreifen. Er kann sie beispielsweise an eine unabhängige Werkstatt weitergeben, um eine präzisere Diagnose bei Reparaturen zu ermöglichen. Ebenso kann er Fahrdaten an seine Versicherung übermitteln, um möglicherweise von einem nutzungsbasierten Tarif zu profitieren.
Daten, die nicht unter den Data Act fallen:
Der Data Act erfasst keine abgeleiteten Daten, die durch aufwändige Analysen oder Algorithmen aus den Rohdaten generiert werden. Beispiele für solche abgeleiteten Daten könnten sein:
Das Beispiel dient lediglich der illustrativen Darstellung des Data Act. Ob die hier genannten Daten in die Kategorie der Rohdaten bzw. der abgeleiteten Daten fallen, muss im Einzelfall geprüft werden. Das gleiche gilt für die Anwendung und Auswirkung sektorspezifischer Vorschriften im Automotive- und Mobilitätssektor.
Ähnlich wie die DSGVO hat der Data Act exterritoriale Wirkung. Er gilt für Schweizer Hersteller vernetzter Produkte, die in der EU* verkauft werden, und für Anbieter verbundener Dienste, die ihre Leistung in der EU anbieten. Der Data Act betrifft auch Schweizer Dateninhaber, die Daten entsprechenden Empfängern innerhalb der EU bereitstellen sowie Anbieter von Datenverarbeitungsdiensten, die ihre Dienste Kunden in der EU anbieten.
*Der Data Act ist zum Zeitpunkt der Verfassung dieses Q&A in den EWR-Staaten noch nicht in Kraft. Sobald dies der Fall sein wird, sind mit «EU» jeweils auch die «EWR-Staaten» gemeint.
Gatekeeper (deutsch «Torwächter») sind Unternehmen, die gemäss Art. 3 der Verordnung (EU) 2022/1925 (Gesetz über digitale Märkte, «DMA») definiert werden.
Ein Unternehmen wird als Gatekeeper eingestuft, wenn es:
Am 6. September 2023 hat die EU-Kommission sechs Gatekeeper benannt: Alphabet, Amazon, Apple, ByteDance, Meta und Microsoft. Später wurden Apple (iPadOS) und Booking (booking.com) hinzugefügt.
Der Data Act gibt Nutzern vernetzter Produkte – ob Privatperson oder Unternehmen – die Nutzungs- und Verfügungsrechte an den mit diesen Produkten generierten Daten. Das herstellende Unternehmen oder der Dateninhaber muss den Zugang zu diesen Daten und deren Weitergabe ermöglichen. Für technische Daten schafft der Data Act damit ein neues Regelwerk für den Datenzugang und die Weitergabe.
Ein herstellendes Unternehmen oder ein Dateninhaber kann dem Nutzer auf zwei Arten Zugang zu den Daten ermöglichen:
In beiden Fällen kann der Nutzer verlangen, dass der Dateninhaber die Daten auch an einen Datenempfänger – also einen Dritten – weitergibt. Dadurch entsteht ein Vertragsnetz zwischen dem Dateninhaber, dem Nutzer und dem Datenempfänger.
Zusätzlich besteht eine Bereitstellungspflicht in Krisensituationen oder bei öffentlichen Notständen. In solchen Fällen müssen Dateninhaber relevante Daten bereitstellen, um die Situation zu bewältigen.
a) Direktes Zugangsrecht («Data Access by Design», B2C und B2B)
Das Prinzip «Data Access by Design» erlaubt Nutzern einen direkten Zugang zu Daten («B2C»), wenn der Zugang technisch machbar ist. Produkte und Dienstleistungen müssen so entwickelt werden, dass die Datenzugänglichkeit bereits im Herstellungsprozess integriert wird.
Der Zugriff auf Produkt- und Dienstdaten (inkl. Metadaten) muss:
Diese Vorgaben werden durch eine Informationspflicht («Transparency Obligation») flankiert. Nutzer müssen vor Vertragsabschluss informiert werden, welche Daten ein Produkt oder Dienst generiert. Ohne diese Information wäre ein effektiver Zugang nicht möglich.
b) Indirektes Zugangsrecht (Bereitstellungspflicht)
Wenn Daten nicht direkt zugänglich sind, muss der Dateninhaber dem Nutzer alle ohne Weiteres verfügbaren Daten auf einfaches Verlangen bereitstellen. Der Nutzer kann diese selbst weitergeben oder verlangen, dass der Dateninhaber sie einem Datenempfänger seiner Wahl bereitstellt. Der Datenempfänger verarbeitet die Daten zu den vom Nutzer festgelegten Zwecken. Dabei behält der Nutzer stets die Verfügungsbefugnis über die Daten. Der Dateninhaber darf die Entscheidungen des Nutzers weder behindern noch manipulieren.
Die Bereitstellung der Daten muss:
Wenn die Daten an einen Datenempfänger oder Dritten übermittelt werden, müssen sie in derselben Qualität bereitgestellt werden, wie sie dem Dateninhaber zur Verfügung stehen. Dies gilt jedoch nur, wenn es relevant und technisch durchführbar ist. Die Formulierung «relevant und technisch durchführbar» gewährt dem Dateninhaber einen gewissen Spielraum. Dies erlaubt es, die Bereitstellung an die technischen Möglichkeiten des jeweiligen Produkts anzupassen. Der direkte Zugriff oder die Echtzeit-Bereitstellung ist nicht bei allen vernetzten Produkten möglich.
Der Dateninhaber hat somit Flexibilität und kann die Daten entweder direkt («Data Access by Design») oder indirekt («Indirect Access») zugänglich zu machen. Wenn technisch durchführbar und relevant, erfolgt die Datenbereitstellung kontinuierlich und in Echtzeit.
c) Bereitstellungspflicht bei öffentlichen Notständen («Business to Administration», B2A)
Dateninhaber müssen in Krisensituationen und öffentlichen Notständen Daten bereitstellen, wenn dies zur Bewältigung der Lage erforderlich ist. Damit wird sichergestellt, dass nationale Behörden und europäische Institutionen im Notfall die benötigten Informationen erhalten.
d) Einschränkungen des Datenzugangs
Grundsätzlich gilt ein breiter Zugang zu nutzungsspezifischen Daten. Dabei müssen faire Bedingungen, angemessene Gegenleistungen und technische Schutzmassnahmen für den Dateninhaber gewährleistet sein.
Alle durch vernetzte Geräte und Dienste generierten Daten (Produktdaten und Dienstdaten), die ohne Weiteres verfügbar sind, müssen vom Dateninhaber an den Nutzer oder Datenempfänger (Dritter) weitergegeben werden. Ein Beispiel sind Maschinen- und Betriebsdaten.
«Ohne Weiteres verfügbar» bedeutet, dass die Daten ohne unverhältnismässigen Aufwand zugänglich sind. Welche Daten das sind, hängt wesentlich vom Design des Produkts oder Dienstes ab. Sie umfassen Daten, die direkt entstehen und nicht weiterbearbeitet wurden (Rohdaten). Die weitergegebenen Daten müssen so aufbereitet sein, dass sie den Form- und Qualitätsanforderungen entsprechen und eine wirksame Nutzung durch den Nutzer oder den Datenempfänger ermöglichen. Geschäftsgeheimnisse können durch vertragliche Vereinbarungen geschützt werden. Kommt es in diesem Punkt zu keiner Einigung, kann der Dateninhaber die Weitergabe der Daten verweigern. Diese Verweigerung ist jedoch als letztes Mittel («ultima ratio») zu betrachten und muss nachvollziehbar begründet werden.
Der Data Act soll kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) helfen, leichter Zugang zu den Daten zu erhalten, die sie für ihre Geschäfte benötigen. Es gibt zwei mögliche Konstellationen:
Das schweizerische Datenschutzgesetz (DSG) und die DSGVO regeln den Schutz personenbezogener Daten. Der Data Act hingegen ist kein Datenschutzrecht. Er betrifft personenbezogene und nicht-personenbezogene Daten, die von vernetzten Geräten oder Diensten generiert werden (Maschinen- und Betriebsdaten).
Der Schwerpunkt des Data Act liegt auf wirtschaftlichen und wettbewerblichen Zielen. Er fördert den Datenaustausch und die breite Nutzung wirtschaftlicher Vorteile. Die grundsätzliche Verfügungsbefugnis über die Daten liegt beim Nutzer.
Der Dateninhaber muss insbesondere dann einen Datennutzungsvertrag mit einem Dritten abschliessen, wenn er auf Verlangen des Nutzers verpflichtet ist, die Daten dem Dritten (Datenempfänger) bereitzustellen.
Ein Vertrag ist auch erforderlich, wenn der Dateninhaber Daten aus eigener Initiative weitergeben möchte. So wird sichergestellt, dass der Dritte die Daten nur im Rahmen des vereinbarten Nutzungsrechts verwendet und sie nicht erneut weitergibt (ausser er ist dazu berechtigt).
Ein Datennutzungsvertrag muss den Umfang des Nutzungsrechts einschliesslich möglicher Weitergaberechte regeln. Der Data Act gibt aber keinen konkreten Mindestinhalt vor. Dieser ergibt sich vielmehr aus den Umständen des Einzelfalls. Beispielsweise kann auch eine Vereinbarung zur Wahrung von Geschäftsgeheimnissen erforderlich sein.
Der Data Act reguliert dafür aber explizit den Inhalt des Datennutzungsvertrages. So dürfen Vertragsklauseln nicht zum Nachteil des Nutzers die Anwendung der Rechte des Nutzers ausschliessen oder davon abweichen oder die Wirkung dieser Rechte ändern. Zudem unterstehen die Verträge aufgrund des Data Acts nun auch im B2B-Bereich einem «AGB-Recht», nachdem missbräuchliche Klauseln unwirksam sind. Inhaltlich betroffen sind davon vornehmlich Regelungen zur Haftung, Gewährleistung und Rechtsbehelfen.
Die EU-Kommission wird Mustervertragsklauseln zur Verfügung stellen. Diese sind allerdings unverbindlich. Zudem ist davon auszugehen, dass sich die Nutzerzentriertheit des Data Act auch in diesen Mustervertragsklauseln widerspiegeln wird und die Interessen der Dateninhaber nur insoweit berücksichtigt werden, als dies im Data Act explizit vorgesehen ist.
Der Data Act regelt nur den Zugang zu Daten und dessen Einschränkungen. Eine Verarbeitungspflicht ergibt sich nicht aus dem Data Act, sondern aus der Beziehung zwischen dem Nutzer und dem Dritten. Diese Beziehung basiert meist auf einer privatrechtlichen Vereinbarung.
Grundsätzlich darf der Nutzer Daten, die er vom Dateninhaber erhalten hat, an Dritte weitergeben. Es gibt jedoch Ausnahmen, bei denen die Weitergabe eingeschränkt oder untersagt ist:
Einschränkungen der Datenverarbeitung durch Dritte
Der Data Act legt klare Grenzen für die Verarbeitung von Daten durch Dritte fest:
Datenschutzanforderungen
Untersagte Verwendungen durch Dritte
Dem Dritten ist es unter anderem folgendes untersagt:
Unbefugte Nutzung und Verstösse
Eine unbefugte Nutzung durch den Dritten oder den Nutzer liegt in folgenden Fällen vor:
Einschränkungen der Datennutzung durch den Dateninhaber?
Der Dateninhaber darf nicht ohne Weiteres verfügbare Daten verwenden, um Einblicke in die wirtschaftliche Lage, Vermögenswerte und Produktionsmethoden eines Dritten zu gewinnen (Art. 4 Abs. 10). Ebenso ist es untersagt, Daten so zu nutzen, dass die gewerbliche Position des Dritten auf den Märkten, in denen er tätig ist, untergraben wird. Eine solche Nutzung ist nur erlaubt, wenn der Dritte ihr ausdrücklich zustimmt und die Möglichkeit hat, diese Zustimmung jederzeit technisch zu widerrufen (Art. 5 Abs. 6)
Darüber hinaus darf der Dateninhaber nicht-personenbezogene Produktdaten nur zu Zwecken verwenden, die direkt mit der Erfüllung des Vertrags mit dem Nutzer verbunden sind. Falls erforderlich, kann der Dateninhaber Dritte vertraglich verpflichten, die erhaltenen Daten nicht an andere Parteien weiterzugeben.
Der Nutzer darf die erhaltenen Daten nicht dazu verwenden, ein konkurrierendes vernetztes Produkt zu entwickeln. Ebenso ist es untersagt, die Daten mit dieser Absicht an Dritte weiterzugeben oder sie zu nutzen, um Einblicke in die wirtschaftliche Lage, Vermögenswerte oder Produktionsmethoden des Herstellers bzw. des Dateninhabers zu erlangen (Art. 4 Abs. 10).
Auch Dritte dürfen die bereitgestellten Daten ohne Genehmigung nicht zur Entwicklung konkurrierender Produkte verwenden oder an andere weitergeben, es sei denn, dies ist ausdrücklich vertraglich geregelt (Art. 6 Abs. 2). Verstösst ein Dritter gegen diese Bestimmung, hat der Dateninhaber verschiedene Ansprüche, um die Verletzung zu ahnden. Weitere Details dazu finden Sie in Ziff. 6.4. (siehe Kapitel 6.4 "Technische Schutzmassnahmen)
Dateninhaber können geschützte (Meta-)Daten identifizieren und mit technischen und organisatorischen Massnahmen (TOMs) verbinden, um Geschäftsgeheimnisse zu schützen. Diese TOMs hat der Dateninhaber auch im Vertrag mit dem Nutzer vereinbart. Beispiele für solche Massnahmen sind:
Werden diese Massnahmen nicht eingehalten oder kann keine Einigung erzielt werden, darf der Dateninhaber die Weitergabe verweigern oder aussetzen (Art. 5 Abs. 10). Dies gilt für Daten, die als Geschäftsgeheimnisse eingestuft werden.
Auch präventiv kann der Dateninhaber die Weitergabe wegen einer drohenden Geheimnisverletzung verweigern. Dies allerdings nur dann, wenn der Dateninhaber trotz technischer und organisatorischer Massnahmen (TOMs) zum Schutz der Daten mit hoher Wahrscheinlichkeit einen schweren wirtschaftlichen Schaden durch eine Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen erleiden wird. Dies muss schriftlich und begründet geschehen.
Folgend ein Beispiel dafür, wie eine Gefährdung von Geschäftsgeheimnissen aussehen könnte, die eine Verweigerung rechtfertigen würde: Ein Smart-Home-Hersteller sammelt Daten zu Heizverhalten und Energieverbrauch seiner vernetzten Thermostate. Ein Gebäudeverwalter will diese Daten einem Drittanbieter zur Effizienzoptimierung übergeben. Da die Daten direkt die KI-Algorithmen zur Energieeinsparung offenlegen, könnten Wettbewerber sie nachahmen, was dem Hersteller erheblichen wirtschaftlichen Schaden zufügen würde.
Der Dateninhaber muss geeignete technische Schutzmassnahmen ergreifen, um unbefugten Zugang zu Daten, einschliesslich Metadaten, zu verhindern. Dazu gehören Massnahmen wie Verschlüsselung und der Einsatz intelligenter Verträge («Smart Contracts»).
Der Dateninhaber muss auch sicherstellen, dass:
Dies betrifft insbesondere die Verhinderung unbefugter Nutzung oder Offenlegung.
Intelligente Verträge (Smart Contracts) sind Computerprogramme, die automatisch Vereinbarungen oder Teile davon ausführen (self-executing). Sie basieren auf einer Abfolge elektronischer Datensätze, deren Integrität und korrekte chronologische Reihenfolge sichergestellt sind.
Ein Unternehmen betreibt eine IoT-Datenplattform, auf der Maschinenhersteller Sensordaten teilen. Dieser Datenaustausch basiert auf einem Vertrag (sog. Data Sharing Agreement), der von der natürlichen Sprache in eine Struktur gebracht werden kann, die eine Automatisierung ermöglicht (sog. Smart Contract). Ein solcher Smart Contract kann beispielsweise die automatische Zahlung für den Datenaustausch regeln und den Zugang zu den Daten ab dem vereinbarten Datum automatisch schliessen.
Vor dem EU Data Act war der Smart Contract unveränderlich und führte Transaktionen automatisch aus. Nach dem EU Data Act muss ein Kill Switch integriert sein, um ihn bei Fehlern oder Sicherheitsproblemen stoppen oder anpassen zu können. Eine regulierte Instanz erhält das Recht, den Vertrag zu pausieren oder zu modifizieren. Dies widerspricht der Dezentralisierung und birgt Missbrauchsrisiken. Unternehmen müssen nun zwischen Automatisierung und Kontrolle abwägen.
Im Falle einer unberechtigten Nutzung können der Dateninhaber und gegebenenfalls der Nutzer folgende Massnahmen von Dritten oder Datenempfängern verlangen:
Es gibt zwei Situationen, in denen eine aussergewöhnliche Notwendigkeit vorliegt:
1. Daten zur Bewältigung eines öffentlichen Notstands
Eine aussergewöhnliche Notwendigkeit besteht, wenn die angeforderten Daten entscheidend sind, um einen öffentlichen Notstand zu bewältigen, und auf anderem Weg nicht rechtzeitig und wirksam beschafft werden können.
2. Daten für öffentliche Aufgaben im Interesse der Allgemeinheit
Wenn keine personenbezogenen Daten erforderlich sind, kann eine aussergewöhnliche Notwendigkeit auch bestehen, wenn eine öffentliche Stelle oder eine EU-Institution aufgrund fehlender Daten daran gehindert wird, eine rechtlich vorgesehene Aufgabe im öffentlichen Interesse zu erfüllen. Diese Massnahme ist nur zulässig, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind und keine Klein- oder Kleinstunternehmen betroffen sind.
Ein Datenverlangen einer öffentlichen Stelle muss folgende Angaben enthalten:
Der Umfang der verlangten Daten sowie die Häufigkeit des Zugriffs müssen im Hinblick auf die aussergewöhnliche Notwendigkeit gerechtfertigt und nachvollziehbar begründet sein.
Ein Datenverlangen sollte vorrangig nicht-personenbezogene Daten betreffen. Erst wenn diese nicht ausreichen, um auf den öffentlichen Notstand zu reagieren, dürfen personenbezogene Daten angefordert werden. In diesem Fall müssen technische und organisatorischen Massnahmen (TOMs) zum Schutz der Daten festgelegt werden. Zudem ist dieses Datenverlangen der Aufsichtsbehörde im Mitgliedsstaat, die für die Überwachung der Anwendung der DSGVO zuständig ist, zu melden.
Der Dateninhaber muss die personenbezogenen Daten vor der Übergabe an die öffentliche Stelle oder der EU-Institution anonymisieren. Ist zur Erfüllung des Datenschutzverlangens die Offenlegung erforderlich, muss der Dateninhaber die Personendaten pseudonymisieren.
Öffentliche Stellen dürfen die Daten nur für den angegebenen Zweck nutzen. Sie müssen TOMs ergreifen, um die Vertraulichkeit und Integrität der Daten zu wahren. Sobald die Daten nicht mehr gebraucht werden, müssen sie gelöscht werden. Eine Archivierung ist nur erlaubt, wenn sie den EU- oder nationalen Vorgaben entspricht.
Die Stellen dürfen die Daten nicht verwenden, um ein Konkurrenzprodukt zu entwickeln oder zu verbessern. Eine Weitergabe der Daten oder Erkenntnisse zu diesem Zweck an Dritte ist ebenfalls untersagt.
Dateninhaber können eine faire Entschädigung für die Bereitstellung von Daten an öffentliche Stellen verlangen, wenn das Verlangen auf der Erfüllung einer Aufgabe im öffentlichen Interesse beruht. Die Entschädigung umfasst die technischen und organisatorischen Kosten, einschliesslich Ausgaben für Anonymisierung und Pseudonymisierung.
Keine Entschädigung erfolgt, wenn die Daten für amtliche Statistiken benötigt werden und der Erwerb nach nationalem Recht nicht zulässig ist.
Sofern das Verlangen nicht an ein Kleinst- oder Kleinunternehmen geht, müssen die Daten im Falle eines öffentlichen Notstands unentgeltlich bereitgestellt werden und es wird eine öffentliche Anerkennung ausgesprochen.
Dateninhaber können das Verlangen ablehnen oder dessen Änderung beantragen,
Wenn die öffentliche Stelle der Ablehnung des Dateninhabers widerspricht oder wenn der Dateninhaber Einspruch gegen das Verlangen einlegen will und durch eine Änderung des Verlangens keine Einigung erfolgt, kann der Dateninhaber bei der nach Art. 37 zuständigen Behörde Beschwerde einlegen.
Der Data Act regelt den Wechsel zwischen Cloud- und Edge-Anbietern. Edge-Anbieter sind dabei Dienste, die Datenverarbeitung näher am Ort der Datenerzeugung – etwa direkt in Geräten oder lokalen Netzwerken – ermöglichen. Er beinhaltet Anforderungen für das vertragliche Verhältnis zwischen Anbietern von Datenverarbeitungsdiensten und ihren Kunden. Der Data Act hat deshalb erhebliche Auswirkungen auf die Gestaltung von Cloud-AGB, denn die Anforderungen gehen zum Teil weit über das hinaus, was Kunden ohne Data Act, selbst mit Verhandlungsmacht, gegenüber Cloud-Anbietern durchsetzen könnten.
Die Rechte des Kunden und die Pflichten des Anbieters in Bezug auf den Anbieterwechsel müssen eindeutig in einem schriftlichen Vertrag festgehalten werden. Der Anbieter von Datenverarbeitungsdiensten stellt den Vertrag dem Kunden vor der Vertragsunterzeichnung in einer Weise zur Verfügung, dass der Kunde den Vertrag speichern und reproduzieren kann.
Gemäss den Mindestanforderungen des Data Act ist der Anbieter insbesondere zu folgendem verpflichtet:
Zusätzlich muss der Anbieter den Kunden bei seiner Ausstiegsstrategie unterstützen. Dazu gehört die Bereitstellung aller relevanten Informationen. Die Kündigungsfrist für die Einleitung des Wechsels darf maximal zwei Monate betragen.
Cloud- bzw. Edge-Anbieter, das sind Dienste, die Rechenleistung, Speicherplatz oder Anwendungen über das Internet oder nahe am Ort der Datennutzung zur Verfügung stellen, müssen ihren (potenziellen) Kunden folgende Informationen bereitstellen:
Bei einem Wechsel im internationalen Umfeld sind Anbieter verpflichtet, folgende Informationen auf ihren Websites bereitzustellen und aktuell zu halten:
Cloud- und Edge-Anbieter, also Anbieter von Infrastructure as a Service (IaaS), müssen den Wechsel ihrer Kunden unterstützen. Dazu gehören:
PaaS- und SaaS-Anbieter müssen ihren Kunden zudem unentgeltlich eine Schnittstelle bereitstellen. Diese Schnittstelle muss ausreichend Informationen enthalten, damit eine Software zur Datenübertragung reibungslos mit dem Dienst kommunizieren kann.
«Interoperabilität» bezeichnet die Fähigkeit verschiedener Datenräumen, Systemen, Anwendungen oder Dienste, Daten nahtlos auszutauschen und zu nutzen, um ihre Funktionen auszuführen. Betreiber von Datenräumen müssen folgende Anforderungen erfüllen, um die Interoperabilität sicherzustellen:
Der Data Act legt keine festen Mindestanforderungen für Anbieter von Datenverarbeitungsdiensten fest. Stattdessen definiert die EU-Kommission Anforderungen an Spezifikationen und Normen, die entwickelt werden sollen.
Ein zentrales Register wird eingerichtet, um Normen für die Interoperabilität von Datenverarbeitungsdiensten zu verwalten. Dieses Register enthält Verweise auf harmonisierte Normen und gemeinsame Spezifikationen.
Für die Daten- und Cloudinteroperabilität macht der Data Act folgende Vorgaben:
Unternehmen, die ausserhalb der EU ansässig sind, beispielsweise in der Schweiz, aber Produkte oder Dienstleistungen auf dem EU-Markt anbieten, müssen einen EU-Vertreter benennen. Dieser Vertreter muss seinen Sitz in der EU haben. Alle diese Unternehmen müssen einen Vertreter mit Sitz in der EU benennen. Der EU-Vertreter unterstützt die Einhaltung des Data Acts und dient als Ansprechpartner für die zuständigen Behörden. Diese können sich direkt an den Vertreter wenden, ohne zusätzlich das ausserhalb der EU ansässige Unternehmen zu kontaktieren.
Zu den Aufgaben des Vertreters gehört:
Ein EU-Vertreter muss in der Lage sein, Fragen zur Einhaltung des Data Acts (Compliance) zu beantworten.
Nutzer oder Drittanbieter können sich an die EU-Behörde wenden, wenn ihnen der Zugang zu Daten verweigert wird oder es Unklarheiten bezüglich fairer Vertragsklauseln gibt. Der EU-Vertreter muss daher alle relevanten Informationen besitzen, um diese Fragen zu klären. Dazu gehören z.B. Angaben zu den Massnahmen des Unternehmens zur Einhaltung des Data Acts oder zur Art des Datenzugangs.
Der Data Act sieht verschiedene Sanktionsmöglichkeiten und rechtliche Konsequenzen vor: Bussgelder:
Zivilrechtliche Folgen:
Die Mitgliedstaaten müssen Behörden benennen, die den Data Act überwachen und durchsetzen. Für personenbezogene Daten sind die Datenschutzbehörden, die bereits für die DSGVO zuständig sind, auch für die Anwendung des Data Act verantwortlich.
Die Durchsetzung umfasst:
Nutzern – sowohl juristische als auch natürliche Personen - von vernetzten Produkten und verbundenen Diensten haben folgende Rechtsmittel, um ihre Rechte durchzusetzen:
Das Beschwerderecht kann bei der zuständigen Behörde des Mitgliedstaates geltend gemacht werden, in welchem der Nutzer seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort, seinen Arbeitsort oder seine Niederlassung hat.
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