Swico-GV: mehr Mitglieder, mehr Wirkung, mehr Dienstleistungen
Swico hat das vergangene Jahr Revue passieren lassen und zwei neue Dienstleistungen für seine Mitglieder lanciert. Als Gastreferent an der Generalversammlung sprach Informatik-Professor Adrian Perrig darüber, wie er mit seiner Erfindung das Internet sicherer machen will.
Autor: Joël Orizel, Netzwoche: An die 100 Mitglieder haben sich zur 34. Generalversammlung des Wirtschaftsverbandes Swico im Landesmuseum in Zürich getroffen. Für Adrian Müller war es eine Premiere: Der neue Präsident des Verbands führte zum ersten Mal durch den Anlass.
Sein Jahresrückblick war geprägt von Erfahrungen aus der Coronakrise. Im Ausland werde er immer wieder darauf angesprochen, dass man in der Schweiz erstaunlich schnell sowie pragmatisch mit Hilfsmassnahmen reagiert und so die Wirtschaft unterstützt habe, sagte er und zog daraus den Schluss: "Wenn es hart auf hart kommt, können wir auch schnell sein." Diese Einsicht wolle er für die Zukunft der Branche mitnehmen.
10 Prozent mehr Mitglieder
Über den Geschäftsgang informierte Swico-Geschäftsführerin und Nationalrätin Judith Bellaiche. "In einem Satz: Wir haben einen Lauf", sagte sie. Im vergangenen Jahr gewann der Verband 65 neue Mitglieder, was einem Zuwachs von 10 Prozent entspricht. Dies zeige nicht nur die hohe Anziehungskraft, sondern stärke auch die Durchschlagskraft des Swico, beispielsweise beim Platzieren von Themen.
"Unser wichtigstes Asset ist die Community", sagte die Swico-Geschäftsführerin, als sie einige ausgewählte Kennzahlen präsentierte. In den vergangenen 12 Monaten habe der Verband unter anderem folgendes geleistet: 8 Sessionsbriefe, 10 Stellungnahmen, 14 Medienmitteilungen, 34 Events und Schulungen sowie 103 Rechtsberatungen für Mitglieder.
Es gehe jedoch nicht nur um Kommunikationsleistungen, sondern auch um eine spürbare Präsenz im Bundeshaus. Bellaiche hob die im Dezember besiegelten Änderungen im Arbeitsrecht hervor. "Wir konnten für unsere Branche relevante Lockerungen der Arbeitszeiten durchsetzen, was viele Erleichterungen mit sich bringen wird."
Eine Arbeitgeber-Plattform und eine Datenschutz-Roadmap
Die Geschäftsführerin des Swico hatte auch Neuigkeiten zu verkünden: Der Verband hat zwei neue Dienstleistungen exklusiv für seine Mitglieder in petto: zum einen eine Plattform für Arbeitgeber, die auf alle wichtigen arbeitsrechtlichen Fragen die passenden Antworten parat halten soll. Die Plattform richtet sich an Führungskräfte sowie Personalverantwortliche und bietet ausser Informationen auch Checklisten und Mustervorlagen.
Zum anderen bietet der Swico seinen Mitgliedern neu eine Roadmap für das revidierte Datenschutzgesetz an, das am 1. September 2023 in Kraft tritt. Die Roadmap soll helfen, in 8 Schritten Datenschutzkonformität zu erreichen, wie Bellaiche sagte. Interessierte könnten damit herausfinden, was sie bis wann und in welcher Form erfüllen müssen. Die Roadmap beinhalte auch ein Q&A mit Antworten auf alle relevanten Fragen.
Ein neues Internet
Im Anschluss an die statutarischen Traktanden, allesamt anstandslos durchgewunken, trat Adrian Perrig auf. Der Professor am Institut für Informationssicherheit an der ETH Zürich sprach über seine Erfindung, die das Internet erneuern soll: das SCION-Protokoll.
Die Arbeit daran begann 2009 an der Carnegie Mellon University in Pittsburgh. Die Idee dahinter: eine hochsichere, hochverfügbare und souveräne Netzwerkinfrastruktur zu bauen, die allerdings im Gegensatz zu geschlossenen, beispielsweise militärischen Netzen nicht komplett abgeschottet ist. Das Ziel bestand also darin, die Faktoren Sicherheit, Zuverlässigkeit und Kontrolle privater Netzwerke mit der Offenheit und Flexibilität des bestehenden Internets zu kombinieren.
Vom Kompass zum GPS
Letzteres, also das öffentliche Internet, habe eine entscheidende Schwäche, gab Perrig zu verstehen. Das Border Gateway Protokoll (BGP) dient gewissermassen als Wegweiser für Datenpakete. "Wie ein Kompass gibt es die Richtung vor – doch was mit den Datenpaketen auf dem Weg zum vorgegebenen Ziel geschieht, ist unklar." Das SCION-Protokoll, welches das BGP ersetzen und überflüssig machen soll, sei eher wie ein GPS: Schon beim Abschicken liessen sich damit die genauen Transportwege der Datenpakete bestimmen, was insbesondere für die Übermittlung von vertraulichen Daten dienlich sein soll.
Die Kontrolle über den Datenverkehr ermöglichen sogenannte Isolationsdomänen (ISD), die mehrere Netzwerke gruppieren, beispielsweise in geographischer Hinsicht. Diese Isolationsdomänen definieren voneinander unabhängige Internet-Regionen. Und das wiederum ist die Grundlage für das Souveränitätskonzept von SCION. Die ISD würden eine klare Eingrenzung von Vertrauensbereichen ermöglichen – und zwar ohne die Abhängigkeit von externen Vertrauensinstanzen.
Perrig zeigte auch weitere Use Cases auf. Das Protokoll ermögliche beispielsweise ein effizienteres Traffic Management und somit zum Beispiel hochqualitative Videokonferenzen. Das Protokoll ist allerdings nicht bloss graue Theorie mit viel Potenzial, sondern schon längst im produktiven Einsatz. Die Schweizerische Nationalbank, die Börsenbetreiberin SIX, die UBS und weitere Banken nutzen SCION seit 2021, und zwar als Basis für das Secure Swiss Finance Network, das für die Interbanken-Kommunikation eine sichere, flexible und belastbare Datenübertragung gewährleisten soll.
Und auch im Gesundheitswesen kommt das Protokoll an: Health Info Net (HIN), der Dienstleister für die Vernetzung von Leistungserbringern im Gesundheitswesen, setzt künftig auf SCION für den Austausch von medizinischen Daten "Wir haben schon das weltweit erste sichere Bankennetz – bald haben wir auch das erste sichere Netz für Gesundheitsdaten", sagte Perrig.