NEIN zu Netzsperren, NEIN zum Geldspielgesetz:
Die Schweiz braucht am 10. Juni ein NEIN gegen das Geldspielgesetz.
Am 10. Juni stimmt die Schweizer Bevölkerung über das neue Geldspielgesetz ab. Swico hat als Wirtschaftsverband für die digitale Schweiz mit Geldspiel nichts am Hut, macht sich jedoch grosse Sorgen wegen der geplanten Einführung von flächendeckenden Netzsperren. Dass das Geldspiel auch clever reguliert werden kann, zeigen diverse andere Länder in Europa. Jean-Marc Hensch, Geschäftsführer von Swico, erklärt im Interview, warum die Schweiz ein NEIN braucht.
Jean-Marc Hensch, die Schweizer Bevölkerung hat nur noch wenig Zeit, um sich zu entscheiden, ob sie gesetzlich zum ersten Mal flächendeckend Netzsperren einführen will. Machen Sie sich Sorgen?
Ja. Die meisten Leute sehen im Moment vor allem die Elefanten-Plakate, die davor warnen, dass der Zoo oder der Kinderspielplatz kein Geld mehr erhalten. Das ist absoluter Quatsch und pure Angstmacherei. Wir brauchen am 10. Juni ein NEIN und damit die Chance auf ein besseres Gesetz.
Was ist am jetzigen Gesetzesvorschlag denn so schlecht?
Die Schweiz will doch eigentlich vermeiden, dass die Casinos Geld an ausländische Anbieter verlieren und so die Bevölkerung zu weniger gemeinnützigen Abgaben kommt. Auch die Suchtprävention soll gestärkt werden. Mit dem geplanten Gesetz machen wir genau das Gegenteil: Wir kreieren einen (noch grösseren) Schwarzmarkt und verzichten auf viel Geld für Kultur und Sport. Die ausländischen Anbieter erhalten ja gar keine Möglichkeit, legal eine Lizenz zu erwerben und dafür gemeinnützige Abgaben zu zahlen. Auch bei der Suchtprävention geht der Schuss nach hinten los. Gefährdete Spieler spielen trotz Netzsperren im Ausland weiter.
Wie könnte man es besser machen?
Der Gesetzgeber sollte ausländischen Anbietern die Möglichkeit geben, eine Konzession zu erwerben. Wir müssen den legalen Markt so stark machen, dass der Schwarzmarkt daneben keinen Platz mehr findet. Vor allem hätte der Staat so die Chance auf mehr Kontrolle: Er könnte im Gegenzug für eine Konzession hohe Auflagen in Sachen Spielerschutz und Sicherheit machen.
Es wird immer wieder gesagt, Auflagen und Sanktionen seien den ausländischen Anbietern doch ziemlich egal.
Das ist ein Irrtum. Eine Person oder eine Firma, die einmal in einem Land mit Sanktionen belegt worden sind, kann in zahlreichen anderen Ländern oft kein Geldspiel-Business mehr betreiben. Reputation ist in dieser Branche nicht nette PR, sondern Existenzgrundlage.
Wie können Sie sich da so sicher sein?
Ganz einfach, Swico hat mit diversen Regulierungs-Experten aus Dänemark, Schweden , Spanien und UK gesprochen. Die haben alle bestätigt, dass die Kontrollmechanismen durchaus funktionieren. Dänemark hat dank Liberalisierung 2012 heute einen kontrollierten Markt mit insgesamt 44 Online-Casino-Anbietern. Also auch kein Wildwuchs. Der Schwarzmarkt ist praktisch verschwunden, der Spielerschutz funktioniert sehr gut. Sogar die Einnahmen der Landeslotterien sind stabil geblieben.
Stichwort Dänemark - wieso soll die Schweiz auf Netzsperren verzichten, wenn doch verschiedene andere Staaten dieses Instrument auch kennen?
Weil hier Äpfel mit Birnen verglichen werden! In der Schweiz sind flächendeckende Netzsperren geplant, welche automatisch den Zugang zu tausenden von Seiten auf Dauer sperren sollen. Dies hätte gravierende Konsequenzen, Artikel vom 17.05.2018 , nützt aber herrlich wenig um Spieler vom Spielen abzuhalten. In Dänemark werden die Sperren durch gerichtliche Instanzen im Einzelfall verfügt. Sie sind das allerletzte Mittel und kommen im einstelligen Bereich pro Jahr zum Zug. Sie sind da als Drohkulisse, aber wenn man clever reguliert, braucht es sie gar nicht.
Dänemark besteuert das Geldspiel doch aber einiges tiefer als die Schweiz.
Das stimmt, aber die Unterschiede in Europa sind gross. In Österreich zum Beispiel liegt die Steuer bei 40% des Umsatzes, das ist nicht so weit von den Schweizer Ansätzen. Und es gibt Statements von ausländischen Anbietern, dass sie das gar nicht abschrecken würde, in der Schweiz eine Lizenz zu erwerben.
Warum kümmert sich Swico als ICT-Verband um Themen wie Spielerschutz und Geldspielbesteuerung?
Weil wir uns in der Pflicht sehen, Alternativen aufzuzeigen. Aber das Hauptproblem für uns sind die Netzsperren. Die bringen nichts, schaden aber umso mehr und treffen meist die falschen. Ein Beispiel: Jemand, der unbedingt auf einer gesperrten Seite im Ausland spielen will, wird das ohne Problem tun. Aber der kleine Online-Shop, der nichts mit Geldspiel am Hut hat, wird durch sogenannte „Overblocking-Effekte“ auch gesperrt. Weil er dummerweise seine Daten auf dem gleichen Server speichert hat wie der Online-Spielanbieter. Was auch gerne vergessen geht - mit einer Abschottung verschenken wir auch zahlreiche Jobs und sehr viel ICT-Knowhow ins Ausland.
Was ist zu befürchten, wenn das Gesetz durchkommt?
Es käme wohl zu einem Dammbruch. Wenn wir Netzsperren einführen, hat das eine Signalwirkung auf andere Branchen, die ihr „Gärtli“ ebenfalls gerne schützen möchten. Entsprechende Vorstösse sind bereits angekündigt! Wie wollen wir in der Schweiz die Digitalisierung voranbringen und zukunftsfähige Märkte und Geschäftsmodelle entwickeln, wenn wir zunehmend das Internet abschotten?
Stimmbürgerinnen und Stimmbürger haben es in der Hand, mit einem Nein am 10. Juni den Weg freizumachen für ein Geldspielgesetz 2.0.
Am Dienstag, 5. Juni ist Deadline für die briefliche Abstimmung. Jede Stimme zählt!