IT Beschaffungskonferenz 2020
Auch wenn es von den Tagesaktualitäten etwas überschattet wurde: Die diesjährige IT Beschaffungskonferenz fand Ende August statt: Über 40 Referenten und Referentinnen boten ihr Fachwissen im Plenum und in einzelnen Fachsessions an – mit Corona-Schutzkonzept, natürlich.
Thema der Eröffnungsrede von Nationalrätin und IT-Unternehmerin Jacqueline Badran war, wenig überraschend, die kürzlich verabschiedete Revision des öffentlichen Beschaffungsrechts, kurz BöB. Zwar bringe sie gewisse Verbesserungen, sei aber den Gegebenheiten des ICT-Marktes nicht optimal angepasst. Ausgehend von der Situation, dass ICT-Beschaffungen keinen Normpositionenkatalog haben, individuell sind und selbst bei Standard-Software stark von kundenspezifischen Bedürfnissen geprägt sind, sieht sie für den Bereich ICT-Beschaffungen Verbesserungspotenzial. Swico schliesst sich dieser Meinung an: Das BöB bringt zwar Verbesserungen, aber es sind jedoch noch viele Fragen zu klären.
Bundesverwaltungsrichter Marc Steiner referierte in der Folge über den Vergabekulturwandel und was es braucht, damit das neue Gesetz umgesetzt wird. Das neue Gesetz lasse trotz Paradigmenwechsel bewusst Ermessenspielräume offen, innerhalb derer die Vergabestellen ihre Strategie festlegen. Entscheidend sei am Schluss das Anreizsystem. Der Referent lokalisiert die Risikoaversion bei der Vergabe als nachteilig für Qualitätswettbewerb, Innovation und Nachhaltigkeit. Der Vergabekulturwandel müsse als Change-management-Projekt von oben geführt werden. Swico sieht den Paradigmenwechsel im neuen BöB als Herausforderung: Die Frage wird sein, wie konsistent dieser über die föderalen Ebenen hinweg umgesetzt wird.
Im dritten Referat des Panels äusserte sich Rechtsspezialistin Claudia Schneider Heusi zu den Chancen und Herausforderungen des neuen Beschaffungsrechts: Als gute und wichtige Neuerungen lokalisiert sie unter anderem die Gesetzesharmonisierung von Bund und Kantonen, Instrumente wie Dialog oder Studienauftrag oder etwa die Einführung von technischen Angebotsbereinigungen. Als missglückt bezeichnet sie den nach wie vor begrenzten Rechtsschutz auf Bundesebene und gewisse protektionistisch geratene Zuschlagskriterien.
Die Fachsessions am Nachmittag befassten sich mit den Themen Digitalisierung im Bauwesen, Agilität in der Beschaffung, Abhängigkeit von IT Anbietern, neue Entwicklungen im Beschaffungswesen, Cloud-Beschaffungen, nachhaltige Beschaffungen, Requirements Engineering, IT Lifecycle Management und Behörden Kooperationen, wo sich Swico beteiligt hat
Abgerundet wurde der Tag mit einer dynamischen Paneldiskussion zum Thema Cloud vs. On Premise, im Nachgang zu einem Einstiegsreferat über Verhandlungen mit Cloud-Anbietern. Diskutiert wurden die Vor- und Nachteile der «Cloudisierung» der öffentlichen Informatik.
Aus Sicht von Swico bleiben etliche Fragen offen im neuen Beschaffungsrecht, deren Antworten stark von der Umsetzung abhängen – insbesondere Themen wie die Zuschlagskriterien, Vorbefassung, Nachaltigkeitsaspekte, Innovation, Preisniveaus, Verlässlichkeit des Preises und die Interpretation des «vorteilhaftesten Angebots.»
Swico wird das Thema aktiv weiterverfolgen, unter anderem anlässlich des IKT-Branchendialogs mit den massgeblichen Behörden. Dieser findet anfangs November 2020 zum dritten Mal statt. Dabei werden die konkreten Anliegen der Swico Mitglieder und der gesamten Branche adressiert, und wir werden uns unter anderem auch für bessere Teilnahmechancen für KMU im öffentlichen Beschaffungsrecht einsetzen. Interessierte Mitglieder können sich gerne bei mir melden.
Bild von der IT Beschaffungskonferenz; © beim Veranstalter