Gastkommentar: Die IKT-Strategie des Bundes
Die momentane ausserordentliche Lage zeigt schonungslos die Stärken und Schwächen des Bundes im Bereich Digitalisierung auf. Ist es nur Zufall oder vielleicht sogar Vorsehung, dass anfangs April drei für die IKT der Bundesverwaltung relevante Ankündigungen veröffentlicht wurden?
Zugegeben: In den letzten Jahren hat sich die Verwaltung technologisch verbessert – wenn auch nur sehr langsam. Auf Bundesebene braucht es nach wie vor sehr viel Zeit, bis man sich mit neuen Technologien und deren möglichen Einflüssen befasst und dann auch entsprechende Projekte auslöst. Ein Massstab im öffentlichen Sektor sind nach wie vor die Fortschritte im eGovernment und da wurden in der Schweiz bisher nicht wirklich grosse Erfolge erzielt. Wobei wir im Vergleich mit anderen Ländern nicht unbedingt schlechter werden, sondern die anderen besser. Obwohl die Schweiz (noch immer) als ein innovatives Land gilt, tut man sich schwer, neue Entwicklungen anzunehmen und auch umzusetzen.
Wird nun alles anders? Gibt der Bund nun IKT-Gas?
Die IKT-Strategie des Bundes 2020–2023 fokussiert auf die erforderlichen Veränderungen, um die Bundesinformatik auf die zukünftigen Geschäftsbedürfnisse auszurichten und das Verwaltungsgeschäft bei der digitalen Transformation optimal zu unterstützen. Die Strategie formuliert Massnahmenbereiche und Ausrichtungsziele entlang der folgenden vier Stossrichtungen: Informations-, Daten- und Prozessmanagement, Innovations- und Changemanagement, Kunden- und Dienstleistungsorientierung sowie das Zusammenwirken von Geschäft und IKT.
Der Masterplan 2020 dokumentiert das initiale Portfolio für die Strategieumsetzung. Demnach will der Bundesrat unter anderem die IKT in der obersten Führungsebene verankern, die Kundenzentrierung der Verwaltungsleistungen erhöhen, das Once-Only-Prinzip umsetzen (Daten nur einmal eingeben), Hybrid Clouds für die Bundesverwaltung realisieren, neue Technologien erproben, Kompetenz für Data Science aufbauen und die Voraussetzungen in den Bereichen finanzielle Anreize, Führungswissen sowie Beschaffung verbessern.
Innerhalb der Bundesverwaltung wird es für die Digitalisierung und Lenkung sowie Steuerung der IKT und Digitalisierung eine Neuorganisation geben. Die Herausforderungen der digitalen Transformation und von grossen IKT-Projekten haben für den Bundesrat hohe Priorität. Der Bundesrat will rasche und stufengerechte Entscheidungsprozesse, klar zugeordnete Verantwortlichkeiten und Kompetenzen sowie ein effektives Schnittstellenmanagement insbesondere zwischen Geschäft und IKT sicherstellen. Die wesentlichen Elemente der Neuorganisation umfassen einen «Bundesratsausschuss Digitalisierung und IKT» sowie eine/n Delegierte/n des Bundesrats für die Digitalisierung und Lenkung der IKT. In Zusammenarbeit mit den Departementen wird die Bundeskanzlei bis im 3. Quartal 2020 dem Bundesrat ein Umsetzungskonzept vorlegen.
Bund, Kantone, Gemeinden und Städte verstärken die Zusammenarbeit beim Aufbau und bei der Steuerung der «Digitalen Verwaltung». Der Bundesrat und die Plenarversammlung der Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) haben ein umfassendes Projekt beschlossen. Eine breit abgestützte gemeinsame Organisation soll erfolgskritische Querschnittsherausforderungen bewältigen, zum Beispiel die Abstimmung von Rechtsetzungsvorhaben, die Festlegung von verbindlichen Standards im Bereich des Datenmanagements, die Durchgängigkeit von Prozessen sowie die Identifizierung und Bereitstellung von Basisdienstleistungen wie Identitätsdienste. Ebenso wichtig sind aber auch Förderpolitik, Innovation und Wissens- und Erfahrungsaustausch.
Die erste Etappe bis 2022 sieht die Umsetzung einer politischen Plattform mit Standardentwicklung vor, noch ohne Kompetenzen, aber mit einem breiten Mandat und Antragsrecht. Die zweite Etappe beinhaltet eine politische Plattform mit verbindlicher Standardsetzung etwa im Bereich Datenmanagement. Die dritte Etappe setzt eine Behörde voraus, die ein breites Mandat und entsprechende Kompetenzen hat. Voraussichtlich auf Anfang 2021 werden der Bundesrat und die Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) eine/n Beauftragte/n für die Digitale Verwaltung von Bund und Kantonen einsetzen.
Die Ankündigungen des Bundesrats zielen in die richtige Richtung.
Aber sie erfordern auch ein Umdenken: Mit den heutigen und zukünftigen technologischen Möglichkeiten und der Notwendigkeit von durchgängigen End-to-end-Prozessen muss das «Gärtchendenken» von Departementen, Direktionen, Abteilungen und Ämtern der Vergangenheit angehören. Dafür braucht es den politischen Willen und das nötige technologische Verständnis der Exekutive und eine Verwaltung, die als eine Einheit ihren Kunden, den Bürgern und den Unternehmen, moderne und einfache Interaktionen rund um die Uhr ermöglicht.