Frühstückevent des Digital Ethics Circles

Der Swico Ethic Circle setzt sich mit ethischen Fragen datenbasierter Geschäftsmodelle auseinander und bietet den Mitgliedern praxisorientierte Handlungsempfehlungen. Als Grundlage für den ethischen Umgang mit Daten dient die Swico Ethik Charta. Die Charta ist in Anlehnung an den Ethik-Kodex der Data Innovation Alliance entstanden.

Den Auftakt zum ersten Digital Ethics Breakfast machten Dr. Sibylle Peuker, Partner & User Experience Architect @Zeix AG und Karin Lange, Product Owner @die Mobiliar. Sie referierten über Chancen und Risiken von Digital Ethics.

Chancen und Risiken von Digital Ethics: Ein Resümee

Digital Ethics heisst: «digitale Verantwortung übernehmen». Ethische Normen vereinbaren das Miteinander innerhalb einer Gesellschaft. Normen ändern sich im Laufe der Zeit, und so passt sich auch die Ethik den neuen Gegebenheiten an. 

Obwohl wir meinen – sogar überzeugt sind! – stets rechtskonform zu handeln, verstossen wir doch tagtäglich gegen gesetzliche Grundlagen und Rechte. So zum Beispiel gegen das Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung. «Der Wilde Westen der digitalen Welt», wie es Karin Lange zu nennen pflegt. 

Ethik fokussiert auf «das gute Tun» und erzeugt Pflichten. Das Datenschutzgesetz ist denn auch der erste Minischritt, um Konsumenten vor Aggressionen und Misshandlungen zu schützen. Es zwingt Unternehmen zum Umdenken – weg von reinem Profitgedanken und hin zu mehr zivilisatorischen Kriterien. 

Digitale Verantwortung übernehmen

Die Mobiliar spurt vor und zeigt auf, wie sie Datenethik in den Arbeitsalltag der Mitarbeitenden integriert. Die Anwendung basiert auf sechs erarbeiteten datenethischen Grundprinzipien. Als Mitglied der Expertengruppe Data Ethics der Data Innovation Alliance stützt sich die Mobiliar auf den dort entstandenen «Ethik Kodex für datenbasierte Wertschöpfung».

Der Kodex führt entlang der gesamten Wertschöpfungskette: von der Datengewinnung über Datenmanagement und Datenhaltung bis hin zu den Produkten und Services. Die Kontrolle über die Einhaltung dieser Prinzipien im Unternehmen obliegt der Mobiliar, keinem Ethik Board: Jeder einzelne Mitarbeitende ist in der Verantwortung, das Markenversprechen «menschlich, nah, verantwortungsvoll» sowohl analog wie auch digital zu leben und zu vertreten. Nur so entsteht ein Bewusstsein für die Risiken – und eine gelebte Zivilisation.

Ethische Dilemmata

Sibylle Peuker geht noch einen Schritt weiter und plädiert für neue ethische Geschäftsmodelle: «Viele ethische Probleme entstehen aus Versehen und können durch bessere User Experience und Future Thinking verhindert werden», lautet ihre Hypothese. Aber nicht ohne weiteres. Das Gestalten von ethischen Produkten und Services, wird immer ein Balanceakt bleiben, weil wir stets zwischen Benutzererlebnis, Privatsphäre und Verantwortlichkeiten abwägen müssen.

Viele, lange, oft? – Neue Metriken gesucht

Aggressives Marketing muss Antworten liefern zu «wie viele?», «wie lange?», wie oft?». Im Zentrum des Interesses stehen meist die Hauptuser, selten die Betroffenen, die (mit oder ohne Absicht des Hauptusers) unter der Benutzung des Produkts leiden, oder die selbst von der Benutzung ausgeschlossen werden. Nehmen wir das in Kauf? Dann riskieren wir einen Reputationsverlust und uns entgehen eventuell ganze Gruppen von potenziellen Kund:innen.

Verhindern können wir das oft, wenn wir uns schon früh in der Produktentwicklung folgende Fragen stellen:

• Welches Problem lösen wir überhaupt?
• Welche Daten brauchen wir?
• Welche Langzeit-Auswirkungen hat dieses Produkt? … für die User, …für die Betroffenen, …für die Firmenkultur, …für die Gesellschaft, …für die Umwelt
• Was kann schief gehen? (Und wie können wir das verhindern oder abschwächen?)  

Wer langfristig einen Wettbewerbsvorteil erwirtschaften will, braucht neue Metriken. Gesetze zu erfüllen ist unsere Pflicht. Ethik ist Kür – und damit das Differenzierungsmerkmal. Und ohne Kür kann keine Medaille gewonnen werden.