Digital Services Act – Aktuelles von der EU-Rapporteuerin
Betreiben oder nutzten Sie geschäftlich eine Plattform? Falls ja, sollten Sie sich mit dem neuen Verordnungspaket Digital Services Act und Digital Markets Act der EU befassen. Im nachfolgenden Beitrag erfahren Sie, wie der Beratungsstand zum DSA ist und wie es weitergeht.
Im Dezember 2020 hatte die EU-Kommission ein umfassendes Verordnungspaket verabschiedet, das die Verpflichtungen digitaler Dienste erhöht und die Verantwortlichkeiten einheitlich regeln will: Es handelt sich um den Digital Services Act (DSA) und den Digital Markets Act (DMA).
Beim DSA handelt es sich um eine Weiterentwicklung der seit 20 Jahren bestehenden E-Commerce-Richtlinie. Der Ausbau der Verantwortlichkeiten und Sicherheitsbestimmungen betrifft alle Online-Plattformen, also digitale Marktplätze, soziale Netzwerke und App-Stores. Vorgesehen sind erhöhte Transparenzmassnahmen, beispielsweise beim Einsatz von Algorithmen, die den Nutzer*innen Inhalte empfehlen. Weiter wird die Entfernung von illegalen Waren, Dienstleistungen und Online-Inhalten geregelt.
Swico vertritt die Interessen seiner Mitglieder in unserem europäischen Dachverband Digitaleurope – denn durch den DSA entsteht regulatorischer Druck für die Schweiz aus der EU.
Im Grundsatz wird der DSA in der Zielsetzung der erhöhten Verantwortlichkeit und der Entfernung von illegalen Inhalten von der Industrie begrüsst. Die Industrie sieht darin eine Möglichkeit, mehr Vertrauen in Technologie zu schaffen. Es besteht jedoch noch Anpassungsbedarf.
Die Rapporteurin für das Dossier DSA im Eruopäischen Parlament, Christel Schaldemose, hat unlängst ihre Dossierprioritäten und einen möglichen Zeitplan dargelegt.
Der Entwurf des DSA mit seinen Änderungsvorschlägen soll im Juni 2021 dem Europäischen Parlament vorgelegt werden. Über die Änderungsvorschläge soll im Juli 2021 beraten werden. Im Nachsommer soll die Plenumsabstimmung stattfinden und Ende Jahr der Trialog.
Eines der Probleme innerhalb des DSA bildet die Gleichbehandlung aller Online-Plattformen. So wird der Anwendungsbereich über den gleichen Kamm geschert, unabhängig davon, ob es sich um Marktplätze oder soziale Medien handelt. Die EU-Rapporteurin ist offen für die Idee, dass innerhalb des DSA zwischen dem Tätigkeitsbereich der Plattformen unterschieden werden sollte. Zudem sollten passive Intermediäre, z.B. B2B Cloud Services, nicht den gleichermassen extensiven Bestimmungen unterstellt werden wie VLOPs (Very Large Online Plattforms). Christel Schaldemose ist der Ansicht, das sektorspezifische Bestimmungen vorgesehen werden könnten, aber auch horizontale (und somit generische) notwendig sind, um alle Sachverhalte hinreichend zu erfassen. Der Hauptfokus der EU-Kommission bei den Marktplätzen liegt bei der Gewährleistung der Produktsicherheit. So muss die Haftung für die Produktsicherheit klar ausgewiesen sein und es ist ein Modell möglich, wonach eine subsidiäre Haftung der Plattform greifen könnte, sofern der Produktverantwortliche der Handelsware nicht ausfindig gemacht werden kann.
Ein weiterer Punkt ist die Unterscheidung zwischen «illegal content» und «harmful content». Die Industrie ist der Ansicht, dass das die regulatorischen Bestrebungen auf ersteres Thema zielen sollten und «harmful content» separat zu adressieren wäre, beispielsweise durch freiwillige oder co-regulatorische Ansätze. Die EU-Rapporteurin ist einverstanden, dass die beiden Punkte eines unterschiedlichen Regulierungsansatzes bedürfen. So ist insbesondere «harmful content» schwierig in der Definition und für Plattformen nicht einfach in der Umsetzung. Der bestehende Approach der Kommission geht daher in die richtige Richtung. Zentral ist für die Kommissarin hier die Gewährleistung der Transparenz auf hoher Ebene, damit Plattformen in der automatisierten Entscheidungsfindung die Nutzer*innen gleichbehandeln.
Art. 22 Entwurf-DSA sieht für Plattformen sog. KYPC-Provisionen (Know Your Business Customer) vor, die sich mit der Nachvollziehbarkeit von Händlern befassen. Die Industrie unterstützt die Absicht des EU-Parlaments, wonach diese Bestimmungen auf Online-Plattformen beschränkt werden sollen, die es Nutzer*Innen erlauben, Verträge auf Distanz mit Händlern abzuschliessen und sprechen sich gegen eine Ausweitung des Anwendungsbereichs von Art. 22 Entwurf-DSA aus. Demgegenüber ist die EU-Rapporteurin der Ansicht, dass diese Verpflichtungen ausgedehnt werden könnten, da Plattformen wissen sollen, wer ihre Businessuser sind und ihre Nutzer*innen stets umfänglichen Zugang zu diesen Informationen haben sollten.
Das Konzept von sog. «trusted flaggers» wird ein wichtiges Mittel in der Umsetzung des DSA sein. So werden Plattformnutzer*innen künftig die Möglichkeit haben, illegale Inhalte in einer einfachen Weise zu melden. Ein privilegierter Kanal wird dabei für Organisationen geschaffen, die eine besondere Fachexpertise auf dem Gebiet aufweisen, die trusted flaggers. Die Behörden der EU-Mitgliedstaaten werden nach Impementierung des DSA die Möglichkeit erhalten, jegliche in der EU tätige Plattform, unabhängig von deren Sitz, zum Entfernen von illegalen Inhalten auffordern können. Christel Schaldemose ist der Ansicht, dass die trusted flaggers ein kollektives Interesse repräsentieren und es sich nicht um Einzelpersonen handelt.
Die Industrie hat Bedenken geäussert, dass europäische Copyright-Bestimmungen in das DSA-Projekt Eingang finden könnten. Die EU-Kommission hat keine solche Pläne, da dies das DSA-Rechtssetzungsvorhaben verzögern würde, und will die DSA Materie ausschliesslich separat behandeln.
Plattformwirtschaft – Symbolbild. © Adobe Stock