29. Tätigkeitsbericht des EDÖB
Im Tätigkeitsbericht 2021/2022 stellt der Eidgenössische Datenschutzbeauftragte eine verbreitete Gleichgültigkeit gegenüber dem Schutz von Bürgerdaten und eine wachsende Geringschätzung der Privatsphäre fest. Und benennt Problemkreise, die auch Swico Sorge bereiten.
Der Beauftragte hat am 28.6.2022 seinen Tätigkeitsbericht für die Berichtsperiode vom 01.04.2021 bis 31.03.2022 publiziert. Darin stellt er eine Erosion des Schutzes von Bürgerdaten fest. Die bei Gesundheitsplattformen gehäuft aufgetretenen Mängel bei der Bearbeitung von sensiblen Personendaten und die inzwischen auch in Europa feststellbare Tendenz, das Recht der Bevölkerung auf Verschlüsselung ihrer Daten als Freiheitsmissbrauch zu diskreditieren, belegen diese Entwicklung.
Gesundheitsplattformen in Schieflage
Die digitale Schweiz leckt die Wunden, welche der technisch und organisatorisch missglückte Betrieb gewisser Applikationen zum Contact Tracing oder von Registern über Impfungen, Organspenden oder Brustimplantate aufriss. Nachdem der Investigativjournalismus erschreckende technische Lücken aufgedeckt hatte, haben die aufsichtsrechtlichen Verfahren des EDÖB weitere Mängel, insbesondere hinsichtlich der Qualität der bearbeiteten Personendaten zutage gebracht. Im Falle der Impfdaten von rund 300'000 Personen, welche die inzwischen konkursamtlich liquidierte Stiftung meineimpfungen bearbeitetet hatte, ist unter dem Eindruck einer Löschempfehlung des Beauftragten ein staatlicher Rettungsversuch der Daten zustande gekommen. Dies rund zehn Monate, nachdem der EDÖB in dieser Sache einen umfangreichen Untersuchungsbericht veröffentlicht hatte.
Recht auf Verschlüsselung als Freiheitsmissbrauch diskreditiert
Der EDÖB stellt besorgt fest, dass inzwischen auch Regierungen und Sicherheitsbehörden in Europa einen präventiven Zugang zur Individualkommunikation ihrer Bevölkerung einfordern. Ohne vorher im Einzelfall eine richterliche Genehmigung einholen zu müssen, würde nach deren Plänen künftig der inhaltliche Datenverkehr von Messenger-Apps und E-Mails inklusive Bilder einer staatlichen Überwachung zugänglich gemacht. Wie so oft wird auch dieser massive Angriff auf die Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger mit der Bekämpfung des Terrorismus und der Pädokriminalität begründet. Zur Durchsetzung ihrer Observationsvision möchten die Akteure verhindern, Individualkommunikation gegenüber jedermann wirksam zu verschlüsseln, was der Beauftragte ablehnt. Er weist darauf hin, dass Kriminalität gesellschaftsimmanent ist. Bürgerinnen und Bürger, die sich dem behördlichen Wunsch nach Selbstbelastung widersetzen, indem sie aus welchen Gründen auch immer Verschlüsselungssoftware einsetzen, darf der Rechtsstaat nicht vorwerfen, sie missbrauchten ihre Freiheit.
Neue Erschwernisse in der Umsetzung des Öffentlichkeitsprinzips
Im Bereich des Öffentlichkeitsprinzips verzeichnet der EDÖB eine weiterhin steigende Anzahl von Zugangsgesuchen und Schlichtungsanträgen, was ihn angesichts der pandemiebedingten Arbeitsrückstände bei der Wahrung der gesetzlichen Fristen vor Probleme stellt. Zudem macht sich in Teilen der Verwaltung eine neue Tendenz bemerkbar, das informelle Schlichtungsverfahren vor dem EDÖB durch formalistische Einreden zu komplizieren, was den Abbau der Arbeitsrückstände noch zusätzlich erschwert.
Swico teilt die Bedenken des EDÖB – und engagiert sich entsprechend
In diversen Stellungnahmen und Interventionen wehrt sich Swico gegen die solche radikale Angriffe auf die Privatsphäre, insbesondere auch vonseiten der EU. Zuletzt im Rahmen einer Interpellation von Judith Bellaiche, Swico Geschäftsführerin und Nationalrätin, zum Thema Chatkontrolle. Denn eine systematische Kontrolle aller Chatinhalte ist nicht mit unserem Verständnis von Privatsphäre und unseren demokratischen Grundrechten vereinbar. Zudem muss sichergestellt werden, dass der Einsatz solcher Screening-Systeme nicht gegebenenfalls neue, potenzielle Sicherheitslücken schafft.